Kompass-Newsletter Nr. 57 – Maerz 2017 (pdf)
+++ Umkämpfte Zeiten: (Kein) Libyen-Deal, Ceuta und Barcelona, Migrant Strikes, Afghanistan-Abschiebungen +++ 8.3.: Global Women Strike +++ 18.3. von Athen bis Hamburg, Frankfurt und Berlin: Transnationaler Aktionstag gegen Grenz- und Krisenregime +++ 25./26.3. in Berlin: Get Together 2017 +++ 30.3. – 2.4. in Frankfurt: 3. Forum zu Recht auf Stadt… Workshop zu Solidarischer Stadt +++ 8./9.4.: Vorbereitungskonferenz gegen den G20 +++ 14.-17.4.: Aktionstage an der französisch-italienischen Grenze +++ 22.4.: Happy Birthday to City Plaza Athen +++ Zentrales Mittelmeer: Gegen Frontex Kriminalisierungsversuche +++ Update Röszke 11 +++ Erster Newsletter Transnationaler Sozialer Streik & Conflict Corner +++ Neuerscheinungen: „Grenzregime III“ & „Globale Bewegungsfreiheit“ +++ Rückblicke: Protest vor malischer Botschaft in Berlin, Abschiebung ist Folter… +++ Ausblicke: 17.-21. Mai 2017 in Köln: NSU Tribunal; 19.-25. Juni 2017 Documenta Kassel: 20 Jahre kein mensch ist illegal; Oktober 2017 in Leipzig: Konferenz zu Migration, Entwicklung, Ökologische Krise +++
Liebe Freundinnen und Freunde!
Beginnen wir mit einer kurzen Chronologie aus den letzten vier Wochen, die einmal mehr deutlich macht, in welch umkämpften Zeiten wir uns bewegen:
Schlaglicht 1: Zentrales Mittelmeer. Am 3. Februar trafen sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf Malta und ein Schwerpunkt war der Versuch, die libysche Phantomregierung zum Partner der Flüchtlingsabwehr hochzurüsten. Am gleichen Tag steigen an der libyschen Küste 1300 Menschen in die Boote, am 4.2. weitere 600 und am 5.2. nochmal 900. Die Ankunftszahlen in Italien sind damit bereits wieder höher als im Vergleichszeitraum des Rekordjahres 2016. Einige Tage später wird von mehreren Regierungschefs eingeräumt, dass ein „Libyen-Deal“ derzeit nicht umsetzbar ist.
Schlaglicht 2: Am Morgen des 17. Februar stürmen bis zu 1000 Migranten an mehreren Stellen den Zaun der spanischen Enklave Ceuta. Ca. 500 von ihnen gelingt die Überwindung. Einen Tag später, am 18.2., kommt es in Barcelona zur bisher „größten Demonstration in Europa für die Aufnahme von Flüchtlingen und für offene Grenzen. Nach Angaben der Polizei haben 160.000 und nach Angaben der Veranstalter etwa eine halbe Millionen Menschen am Samstag die katalanische Metropole überflutet.“
Nur zwei Tage später, am 20.2., überklettern weiteren 300 Menschen den Festungszaun von Ceuta. „Boza!“ (geschafft/gewonnen) schallt es erneut durch die Straßen.
Schlaglicht 3: „A day without us – Ein Tag ohne Uns!“ Mit diesem Slogan riefen am 20. Februar migrantische Gruppen in Großbritannien zu einem Aktionstag gegen die Ausgrenzungspolitik der Brexit-Regierung auf.
Unter dem gleichen Motto kommt es in den Tagen zuvor in mehreren Städten der USA zu migrantischen Streiks und Demonstrationen, Zehntausende beteiligen sich an den Protesten gegen die rassistischen Dekrete der Trump-Regierung. Für den 1. Mai sind die nächsten Mobilisierungen in Vorbereitung.
Schlaglicht 4: Während erste Landesregierungen die Abschiebungen nach Afghanistan für zumindest drei Monate aussetzen, startet am 22. Februar der mittlerweile dritte Charter der Fluggesellschaft Meridiana Richtung Kabul. Abflug war dieses Mal in München, und statt der geplanten 50 Personen werden letztlich 18 Menschen abgeschoben.
Zuvor, am 11.2., kam es zeitgleich bundesweit in 23 Städten zu Protestdemonstrationen, vielerorts getragen von afghanischen Communities. Erste Aufrufe für ein „Bürgerasyl für afghanische Geflüchtete“ zirkulieren und auch in den Medien überwiegt weiter die Kritik an den Abschiebungen in den Bürgerkrieg.
Auf den Routen wie auch an den Ankunftsorten – die vier Schlaglichter demonstrieren sehr eindrücklich die Vielfalt und Gleichzeitigkeit des Widerstandes gegen das globalisierte Grenzregime. Ja, wir sind allerorten mit einer rassistischen Offensive konfrontiert. Wir erleben jeden Tag, wieviel Leid und Tod die herrschende Ausgrenzungspolitik produziert, wie viele Wunden die immer höheren Zäune reißen. Wir wissen auch, dass die Bedingungen wie die Kampfformen sehr unterschiedlich bleiben. Doch umso wichtiger erscheint uns, die Verbindungslinien immer wieder herzustellen und die Gemeinsamkeit der Kämpfe um Bewegungsfreiheit und für gleiche Rechte stark zu machen. Lokal bis transnational, von den Außengrenzen bis zu den Innenstädten, im Alltag wie in Kampagnen: es hat sich eine Zähigkeit und eine Kontinuität von Strukturen und Mobilisierungen entwickelt, die neue Dynamiken durchaus möglich machen.
Umkämpfte Zeiten eben.
Mit besten Grüßen,
das Kompass-Team