Antira-Newsletter Nr. 44 – November 2015

Kompass – Newsletter Nr. 44 – November 2015 (pdf)

+++ Europa am Wendepunkt – Balkan – moving-europe.org und http://live.w2eu.info/ +++ Ab 11.11. in Lesvos: Sea Watch im Einsatz +++ 11.11. in Berlin: Antimilitaristische Aktion +++ 14.11. in Hamburg: Vorbereitungstreffen Refugee Konferenz und Demo +++ 19.11. in Berlin: Refugee Schulstreik +++ 20.-22.11. in Magdeburg: Refugee-Frauenvernetzungstreffen +++  Service für Flüchtlinge +++ Alarmphone mit 100 Seenotrufen pro Woche +++ Rückblicke: Oury Jalloh, Ohlauer Schule +++ Ausblicke: Aktionstag Transnational Social Strike am 1.3.2016 +++

Liebe Freundinnen und Freunde!

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Dubova, Slowenien, einer der ersten Züge auf Durchfahrt Richtung Österreich, Ende Oktober 2015

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Am Lager in Slowenien

„Indes hat sich in den letzten Monaten, auch in Verlängerung der Arabellion, eine Autonomie der Migration entfaltet. Das neue Selbstbewusstsein der MigrantInnen und die Stärke, mit der sie ihre Bewegungsfreiheit – ihr right to move – durchsetzen, werden von der EU und einer Politik der Abwehr nicht so einfach gebrochen werden können…. Die Verteidigung der Festung Europa kann nicht mehr friedlich verlaufen.

Europa steht am Wendepunkt: Sollen Hunderttausende an den Außengrenzen dem Sterben überlassen, in Lager gesperrt oder gar erschossen werden? …
Europa wird sich verändern, aber es sollte nicht in die alten Muster der Abschiebung, Internierung und Repression zurückfallen. Stattdessen könnte sich Europa öffnen und einen Prozess der Neuorientierung und Pluralisierung zulassen, der dem 21. Jahrhundert angemessen wäre. …

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Spielfeld/Österreich 30.10.15

Werden all die Menschen, die MigrantInnen hier mit großem Engagement Willkommen heißen, in der Lage sein, den verstärkten Anfeindungen von rechts und den Rückschlägen, die in den nächsten Monaten unweigerlich auf uns zukommen, zu widerstehen? Können wir vermitteln, dass Austerität und Prekarität mit Konkurrenz und rassistischen Spaltungen einhergehen? Und wird es uns darüber hinaus gelingen, Prozesse der Solidarität und gemeinsamer Kämpfe zu entwickeln? Sind wir also bereit, MigrantInnen nicht nur zu ´integrieren`, sondern mehr noch einschneidende Veränderungen zuzulassen und zu fördern, die auch unser eigenen Leben neu ausrichten werden? …“
http://moving-europe.org heisst das Kooperationsprojekt, das mit praktischen Schwerpunkten im Balkan (siehe unten) Ende Oktober gestartet ist und das sich mit diesen Zeilen um eine aktuelle Einschätzung bemüht. Und ja, die Situation ist und bleibt widersprüchlich und offen.

Einerseits: Die Rechten und Rassisten wittern eine neue Chance und mobilisieren nicht mehr nur in Dresden. Gleichzeitig ziehen die EU-Regierungen – und auch „Mama Merkel“ – auf allen Ebenen das Kontrollregime an. „Asylbeschleunigungsgesetz“, Ankündigung von Schnellverfahren und Massenabschiebungen, von Entrechtung und Registrierzonen: es fehlt nicht an „klaren Worten“ rassistischer Staatsgewalt, zaghafte Verbesserungen der letzten Jahre im Aufenthaltsrecht werden mit einem Federstrich wieder kassiert.

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Spielfeld/österreichisch-slowenische Grenze – Soliprotest 31.10.15

Andererseits: Die Herrschaften wissen, dass das meiste ihres widerwärtigen Rechtspopulismus nur Handlungsfähigkeit vortäuscht und Abschreckungsrhetorik bleiben wird. Die Ansage z.B., afghanische Asylsuchende massenhaft abzuschieben, wird sich nicht durchsetzen lassen. Aber auch Gerüchte können und sollen verunsichern. Doch die soziale Bewegung der Migration ist nach wie vor nicht zu stoppen. Der institutionalisierte Korridor mit Zügen von Serbien bis Österreich und weiter nach Germany ist kein Gnadenakt sondern installiert in Reaktion auf die Unaufhaltsamkeit der großen Fluchten. „Die EU-Kommission erwartet bis 2017 die Ankunft von drei Millionen weiteren Flüchtlingen in Europa“ (5.11.15). Das klingt danach, dass hohe Zäune und Militär keine Alternative bieten, und dass die Herrschenden – zumindest noch – in ihrer Mehrheit die Verbreitung des „Orbanismus“ vermeiden wollen. Sie wissen, dass damit das Freiheitsversprechen Europas endgültig Geschichte wäre.

Zudem bleibt die Unterstützung der Geflüchteten aus der Zivilgesellschaft ausdauernd stark, entlang der gesamten Route: Sea Watch startet die Tage Seenot-Rettungseinsätze auf Lesbos, im Balkan sind Dutzende lokaler und transnationaler Projekte am Laufen, viele Welcome-Initiativen vor Ort verstetigen sich, bis nach Skandinavien reicht die Support-Kette (siehe http://live.w2eu.info/).
Im letzten Newsletter hatten wir es bereits betont: für die kommenden Monate liegt die Herausforderung und Perspektive in der Entfaltung übergreifender, gemeinsamer sozialer Kämpfe. Also der Entwicklung einer Solidarität mit den NeubürgerInnen, die gleiche soziale und politische Rechte für Alle einfordert.
Oder wie das oben zitierte Projekt sein Engagement im Schlusssatz treffend formuliert:
„Wir wollen so dazu beitragen, den ankommenden Menschen – und damit uns selbst – den Weg in ein neues Europa offen zu halten.“

Mit solidarischen Grüßen,
das Kompass-Team

Kompass – Newsletter Nr. 44 – November 2015 (pdf)