Kompass-Newsletter Nr. 58 – April 2017
+++ 8.4. in Berlin: Take back the future – International Roma Day +++ 7./8./9.4. in Hamburg: Vorbereitungskonferenz gegen den G20 +++ 14.-17. April: Aktionstage an der französisch-italienischen Grenze +++ 18.4. in Ungarn: Transnationale Demo an der Grenze/Röszke 11 Solidarität +++ 22.4. in Athen: City Plaza Geburtstag/Räumung besetzter Häuser +++ Zentrales Mittelmeer: Report Alarm Phone, Statements der zivilen Rettungsschiffe +++ Kämpfe gegen Dublin Verordnung +++ 5. – 7.5. in Osnabrück: Kritnet Tagung mit Solidarischer Stadt +++ 6./7.5. in Bielefeld: Get Together4We`ll Come United +++ 13. Mai in Pforzheim: landesweite Demo gegen Abschiebehaft +++ Lesetip: „So schaffen wir das“ +++ Rückblicke: 8.3. Global Womens Strike, 18.3. Transnationaler Aktionstag gegen das Grenzregime, 31.3. Protest vor der Tunesischen Botschaft in Berlin +++ Ausblicke: 17.-21. Mai 2017 in Köln: NSU Tribunal; 10.-14.6. in Dresden: JoG gegen IMK; 19.-25. Juni 2017 in Kassel: Documenta – 20 Jahre kein mensch ist illegal; 16. September 2017 in Berlin: Großdemo We`ll Come United; 6.-8. Oktober 2017 in Leipzig: Konferenz zu Migration, Entwicklung, Ökologischer Krise +++
Liebe Freundinnen und Freunde,
„So schaffen wir das – eine Zivilgesellschaft im Aufbruch“. Unter diesem Titel ist die Tage ein lesenswertes Buch erschienen, das zunächst feststellt: „Zwischen 2015 und 2016 sind rund 15.000 Projekte entstanden, in denen kreative Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen der Zuwanderung gefunden wurden.“ Und weiter: „In dem Forschungsprojekt haben wir anhand von 90 Einzelfallanalysen versucht, uns ein Bild von den Potenzialen dieser Bewegung zu machen. Wir haben gefragt, welche spezifischen Herausforderungen sich in insgesamt dreizehn Handlungsbereichen – wie zum Beispiel Wohnen, Gesundheit, Beratung in rechtlichen Fragen und Bildung – stellen, und wie sie jeweils beantwortet wurden. Es wurde deutlich, welche Kraft zur Bewältigung von gesellschaftlichen Problemen in der gegenwärtigen Zivilgesellschaft steckt. Die Projekte lassen das Potenzial zu einem neuen Miteinander nicht nur im Umgang mit Zuwanderern, sondern auch innerhalb der Zivilgesellschaft aufscheinen. Vor allem aber wurde deutlich, dass die Projekte weit mehr sind als nur die Summe von humanitären Einzelinitiativen. Vielmehr zeigte sich, dass es sich um eine soziale Bewegung mit einem ganz eigenständigen Profil handelt. Sie lässt sich am besten als ´Bürgerbewegung` charakterisieren. Ihr politischer Kern besteht darin, dass sich hier das politische Gemeinwesen zunächst auf lokaler Ebene neu formiert.“
Das Buch bestätigt insofern die These, dass sich im Lokalen und Alltäglichen ein Netz von Selbstorganisierungs- und Unterstützungsinitiativen verstetigt hat. Vielfältige Projekte – „von der Seenotrettung bis zur Solidarischen Stadt“ – behaupten sich gegen die rassistische repressive Politik und die rechtspopulistische mediale Dominanz. „Während die einzige Antwort der Politik in Abschiebung, Abschottung und Entmutigung besteht, hat die Bürgerbewegung eigeninitiativ gangbare Wege zu einer offeneren Gesellschaft aufgezeigt.“
Gleichzeitig benennen die AutorInnen aber auch deren Grenzen: „Die Stärken dieser Bewegung stellen allerdings auch ihre Schwächen dar: Der lokale und praktische Charakter der Bürgerbewegung führt dazu, dass sie bemerkenswert nachhaltig und stabil ist. Er führt aber auch dazu, dass sie auf überregionaler und nationaler Ebene wenig sichtbar ist. Vor Ort und in der Praxis wird die Kritik an der Flüchtlingspolitik gelebt, auf der überregionalen und nationalen Ebene aber viel zu wenig artikuliert.“
Doch das könnte sich in den kommenden Monaten ändern. „Get Together“, ein noch junges bundesweites Netzwerk der Antirassistischen Bewegung, hat sich unlängst darauf geeinigt, eine große gemeinsame Mobilisierung für September 2017 zu wagen. Am 2.9. soll es mit vielen dezentralen Aktionen beginnen, die an den historischen Durchbruch gegen das Grenzregime zwei Jahre zuvor in Ungarn erinnern. Der March of Hope und das Refugee Welcome von 2015 werden zum offensiven Bezugspunkt, um Initiativen und Kämpfe entsprechend der lokalen Bedingungen für zwei Wochen in die Öffentlichkeit zu tragen und transnational zu verbinden. Im Anschluss, am 16.9. und damit eine Woche vor den Bundestagswahlen, soll Berlin zum zentralen Bündelungspunkt einer bundesweiten Mobilisierung werden. „We`ll Come United“ lautet der Slogan für die geplante Mischung aus Großdemo, Parade und politischem Community Carneval in der Hauptstadt. Dafür soll in den kommenden Monaten intensiv geworben werden, vor allem auf lokaler Ebene, aber auch überregionale Gelegenheiten bieten sich an: angefangen vom Kirchentag Ende Mai in Berlin über 20 Jahre ‚kein mensch ist illegal‘ auf der Documenta Ende Juni in Kassel bis zum G 20 Anfang Juli in Hamburg. Mutig bis ambitioniert erscheint der Vorschlag, am 16.9. in Sonderzügen – neuen „Trains of Hope“! – Richtung Berlin anreisen zu wollen. Doch genau mehr solcher Ideen wird es benötigen, damit diese Mobilisierung Dynamik gewinnt und die AntiRa-Bewegung ihr oben betontes Potenzial in den Alltagskämpfen für eine verstärkte öffentliche Sichtbarkeit entfaltet.
Solidarische Grüße vom Kompass-Team